Förderung eines eigenorganisierten Managements ländlicher natürlicher Ressourcen zur Armutsbekämpfung und Linderung der Folgen des Klimawandels in Tamil Nadu
Lokaler Partner: Peoples´ Multipurpose Development Society (PMD)
Das hinduistische Kasten-System in Indien bestimmt das Leben der Menschen vor Ort. Es bestimmt den Beruf, das Verhalten, die soziale Zugehörigkeit, ja sogar die Ernährungsweise der indischen Menschen. Die Aufteilung der Menschen in die unterschiedlichen Kasten basiert auf einer 3.000-jährigen Historie, die bis heute eine nachhaltige kulturelle Wirkung auf die indische Gesellschaft ausübt. Die britische Kolonialherrschaft in Indien hat sich das Kastensystem zu eigen gemacht, um die Menschen zu kontrollieren und die sozialen Strukturen in geregelten vorbestimmten Bahnen laufen zulassen. Obwohl das Kastenwesen laut der indischen Verfassung außer Kraft gesetzt wurde und alle Menschen demnach gleich sind, sieht die gelebte Realität anders aus. Bis heute bestimmt das Kasten-System die indische Gesellschaft und gibt die Lebensumstände der Menschen schon bei Geburt vor.
Das Ausbrechen aus diesen tiefverankerten gesellschaftlichen Strukturen ist für die meisten Inder kaum möglich und bringt viele Herausforderungen und Gefahren mit sich.
Eines der Hauptziele der Projektarbeit des ILDs in Indien ist es daher, die degradierten und marginalisierten Menschen der untersten Kasten zu unterstützen ihre Situation eigenständig und nachhaltig zu ändern. Mit dem lokalen Partner der People´s Multipurpose Development Society (PMD) hat der ILD einen erfahrenen Projektpartner an seiner Seite. Die PMD ist bereits seit vielen Jahren erfolgreich in der Region Mangalapuram tätig und setzt einen besonderen Schwerpunkt auf die Arbeit mit Menschen aus der untersten Kaste.
Die PMD wurde 1975 als Organisation von Dalit-Lehrer:innen gegründet, um Bildungsgerechtigkeit in Indien voran zu treiben. Hauptaugenmerk der Initiative waren ursprünglich die Organisation von und die Präsenz auf Demonstrationen, Aufklärungsarbeit und weitere aktivistische Tätigkeiten, um die ungleichen Bildungschancen für Dalits („Unberührbare“) im Land sichtbar zu machen und dem Thema im politischen und öffentlichen Raum Aufmerksamkeit zu schenken. Per Zufall wurde der Kontakt zum ILD während eines gemeinsamen Workshops hergestellt. Die zufällige Begegnung hatte zur Folge, dass der Faktor der ländlichen Entwicklung in Zusammenhang mit dem Bildungssektor als Schwerpunktthemen für die zukünftigen gemeinsamen Projekte entwickelt und identifiziert wurden. Um die Projektarbeit in Indien auf deutscher Seite mit einem starken Partner zu fördern, wurde die Partnerschaft u.a. mit dem Auguste-Viktoria-Gymnasium in Trier geschlossen. Diese Partnerschaft wird als große Bereicherung für die gemeinsame Arbeit empfunden. Während der Jahre hat die PMD sich zu einem enorm wichtigen und einflussreichen Player entwickelt, der auf eine große Anhänger:innenschaft blicken kann. Die Ausrichtung von Demonstrationen mit über tausenden von Demonstrierenden z.B. anlässlich des Internationalen Frauentages und die Errichtung von 15 Dorfschulen, sind nur zwei Beispiele für das enorme Engagement und den Erfolg der Organisation.
Die Projektarbeit
Die partizipatorisch geprägte Philosophie, die die PMD, in ihrer Arbeit verfolgt, ist essentiell, um Ansätze nicht nur unabhängig vom Kastensystem, sondern auch genderspezifisch für alle teilnehmenden Männer, Frauen und Kinder gleich und effektiv zu gestalten. Bei dem aktuellen Projekt Förderung eines eigenorganisierten Managements ländlicher natürlicher Ressourcen zur Armutsbekämpfung und Linderung der Folgen des Klimawandels liegt der Fokus auf den Dörfern in der Projektregion Mangalapuram im Süden Indiens. Mangalapuram ist eine Region die eine besonders hohe Anzahl an kastenlosen Personen – den so genannten Dalits, den „Unberührbaren“ – vorzuweisen hat. Die Menschen leben in der Regel friedlich als Hindus, Christen und Moslems zusammen; ihr Lebensalltag ist jedoch von Armut und Marginalisierung geprägt. Auch der Klimawandel geht nicht spurlos an der Projektregion und an den Menschen vorbei. Besonders verheerend sind die Auswirkungen, die zunehmend sintflutartige Niederschläge, jahreszeitlich untypisch oder während der Monsunzeit, wie auch Dürren auf die regionale kleinbäuerlich ausgerichtete Landwirtschaft haben. Nahrungsmittelknappheit und Sorgen um die Nahrungsmittelversorgung sind hier alltäglich. Die Umstände in der Region bieten für die meisten Personen nur wenige Wege aus der Armut hinaus. Gerade die Jugend ist von dieser aussichtslosen Situation extrem betroffen. Die Lernfähigkeit der Kinder und Jugendlichen nimmt immer mehr ab und die Aussicht auf eine Ausbildung bleibt den Meisten verwehrt. Bereits die jüngsten werden in den meisten Familien in einkommensgenerierende Maßnahmen eingespannt, um das Dasein der Familie zu unterstützen. Schule ist deshalb in den meisten Familien kein Thema.
Der Kern der Projektarbeit basiert auf der Mobilisierung der teilnehmenden Personen durch die Bildung von Interessengruppen, um so Selbsthilfebemühungen zu fördern und Synergien zu schaffen. Während des Projektzeitraums sollen die Personen, die in der indischen Gesellschaft oftmals „keine Stimme“ haben, lernen sich so zu positionieren, um unabhängig und nachhaltig ihren Alltag gestalten zu können. Die vorherrschende Narrative „wer arm geboren wird, wird auch arm sterben“ soll mit dem Projekt aufgebrochen werden.
Um im Rahmen der Projektarbeit identifizierte Ziele zu erreichen, ist es essentiell, dass die Projektaktivitäten gut durchdacht und für die entsprechenden Teilnehmer:innengruppen konzipiert worden sind. Eine Aktivität, die sich in der jahrelangen Erfahrung der Projektpartnerschaft häufig bewährt hat, war die Organisation von Schulungen. Die Möglichkeit, dass die Teilnehmer:innen durch Schulungen unterschiedliches Wissen über zum einen gesellschaftliche Themen wie z.B. die Rolle der Frau oder Familienstrukturen erlernen, aber auch praktisches Wissen über die Organisation von Kleinunternehmungen oder Einkommenserwirtschaftung erwerben können, ist bereits ein enormer Schritt in die Richtung eines selbstbestimmten und unabhängiges Leben der Teilnehmer:innen.
In ausgiebigen Workshops und Schulungen werden den Teilnehmer:innen des Projektes auch Kompetenzen der alternativen Landwirtschaft vermittelt, um zukünftig in der Lage zu sein klimafreundliche und angepasste landwirtschaftliche Methoden anzuwenden.
Zusätzlich werden Hilfsmittel, Setzlinge und weitere Notwendigkeiten an die Teilnehmer:innen vergeben, damit sie die neu erlernten Kompetenzen in ihrer Lebensrealität direkt umsetzen können. Dies ist besonders wichtig, um eine gewinnbringende und schonenden Landwirtschaft zu praktizieren und so Nahrungsmittelerzeugung und ein stabiles Einkommen nachhaltig zu generieren.
Knapp 6.800 Personen aus 18 Dörfern haben die Möglichkeit als aktive Projektteilnehmer:innen an den Maßnahmen des Projektes teilzunehmen. Das Projektvorhaben basiert hauptsächlich auf der Stärkung bestehender Selbsthilfegruppen (SHGs) in den Dörfern, um die Selbstorganisation der Frauen und der ortsansässigen Bauern zu fördern. Im weiteren Kontext der Projektarbeit wird ein Mitwirken der Teilnehmer:innen auf lokaler politischer Ebene gefördert.
Projektpartner/Projektfinanzierung:
- Spenden des Indienpartnerschaft des Auguste-Victoria-Gymnasiums Trier – für eine nachhaltige Entwicklung e.V. (avg-trier.de/projekte/indien)
- lokale Beiträge
- ILD mit öffentlichen Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)